Im Humanismus des 14. u. 15. Jahrhunderts wurde die Welt neu durchdacht. Das Erbe der Antike sollte mit den Erfordernissen moderner Staats- und Glaubensideen verbunden werden. Dabei ging es auch um ästhetische Aspekte, die nicht mehr unbedingt dem Glauben, sondern den Bedürfnissen und Interessen des Individuums zuzuordnen waren. Ein Kunstwerk diente der Sinnenlust gleichermaßen wie auch der geistigen Bildung und der Erbauung. Trifft dieses kulturelle Muster auch für den Garten zu? Die Gartentheorien geben über diesen differenzierten Sachverhalt Aufschluss.
In der Renaissance lassen sich hauptsächlich drei Typen von Gartentheorien
unterscheiden.
Der erste Typus rezipiert und beschreibt weitgehend Gartenanlagen der
Antike und des Mittelalters, ohne jedoch neue Ideen für die Gestaltung
hervorzubringen.
Im Gegensatz dazu entwickelte der zweite Typus phantasiereiche Gartenallegorien,
von denen viele Elemente in der Gartenbaukunst der Renaissance und des
Barock verwirklicht worden sind.
Der dritte Typus schließlich vereint die pragmatischen Theorien.
Alberti, Humanist und Architekt, 1404 – 1472, geht in seinem Buch über
die Architektur neben den Privatbauten auch auf die Gestaltung von Gärten
ein. Seine Überlegungen sind dem ersten Typus zuzuordnen. Er nimmt
antike Villen und ihre Gärten zum Vorbild für den Garten seiner
Zeit. Dabei
unterscheidet er zwischen dem Stadthaus, dem Landhaus und der
Villa in der Nähe der Stadt, wobei er die stadtnahe Villa mit Garten
allen anderen Villentypen vorzieht. Er stellt einen engen Zusammenhang
zwischen dem Garten und der Villa oder dem Stadthaus her. Im Wohnhaus selbst
sollen schon Elemente des Gartens enthalten sein und zwar in der Form von Stilleben
an den Wänden. Sie verweisen auf die Pflanzen draußen.
Hinzu kommen Wandabschnitte mit größeren Fensteröffnungen, die Ausblicke auf den
Garten bieten, gewissermaßen konkrete Gartenbilder. Loggien sollen den Zugang
nach draußen ermöglichen. Stilleben,
Fenster, Loggien und Pergolen bewirken die Durchdringung von Garten und
Haus. Auch bei der Bepflanzung orientierte sich Alberti an antiken
Vorstellungen. Er schlägt Buchs, Myrte und Lorbeer vor. Die Zypressen
sieht er von Efeu umrankt, und er empfiehlt geometrische Pflanzungen, die
aus den abgebogenen und einander umschlingenden Ästen von dicht beieinander
stehenden Zitronen- und Wacholderbäumen gebildet werden. Alberti legt
ebenfalls Wert auf einen Baumgarten. Die Reihen sollen nach dem Fünfauge,
dem Quincunx, geordnet sein. Darunter versteht er ein Muster, das sich
aus je einem an jeder Ecke und in der Mitte des Quadrats stehenden Baum
ergibt.
Offensichtlich schwebten Alberti auch ornamentale Zierformen vor, die
durch Kräuter und durch den leicht zu beschneidenden Buchs gestaltet
werden können.
Für Alberti ist der Garten in erster Linie ein Lustgarten. Den
Nutzgarten ordnet er dem Landgut zu und schließt ihn für seine
Privatvillen aus. Den antiken Garten kannte Alberti lediglich aus antiken
Schriften. Daraus entwickelte er eine Idealvorstellung. Er löste den
mittelalterlichen Lustgarten aus dem Gesamtzusammenhang heraus und versuchte ihn
als eigenständiges Gebilde zu konstituieren, indem er neue Elemente wie
Buchsbaumornamente oder Quincunx-Pflanzungen vorsah. Damit hatte er auf der
Grundlage antiker Schriften wichtige Voraussetzungen für den Renaissancegarten
geschaffen.
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Beispiele: Villa Farnese in Caprarola