Hannoveraner kennen die lustigen Nanas am
Hohen Ufer. Sie haben Ähnlichkeit mit der 30.000 Jahre alten Figurine "Venus
von Willendorf".
Die erste Nana-Ausstellung hatte den Titel
„Nana power“, sie war ein Symbol für die befreite, fröhliche Frau, Ende der 60er Jahre
zu Beginn der Frauenbewegung.
1974 wurden die Nanas in Hannover am Hohen Ufer aufgestellt. Im November 2000 schenkte Niki dem Sprengel Museum in Hannover 360 Werke, grafische Arbeit, Kollagen und Plastiken. Sie ist seit dem Ehrenbürgerin der Stadt.
Die heutigen Nanas sind nach Niki de Saint Phalle Vorboten eines neuen matriarchalischen Zeitalters. Sie repräsentieren die unabhängige, gute, gebende und glückliche Mutter.
Der Tarot-Garten in der südlichen Toscana enthält 22 teilweise begeh- und bewohnbare Monumentalskulpturen, die von den Arcana Maiora des Tarots angeregt sind. Die mit Zement überzogenen Eisenkonstruktionen sind mit einem Mosaik aus Spiegeln, Glas und farbiger Keramik verkleidet. Die großen Figuren wurden vor Ort geschaffen, die kleinen bestehen aus Polyester und sind in Nikis Werkstatt in Paris entstanden. Der Eingang des Tarotgartens ist als Gegensatz zum Inneren gestaltet worden. Er besteht aus einer festungsähnlichen Mauer aus einheimischem Stein.
Für Niki soll die Trennung zwischen Außen- und
Traumwelt damit deutlich markiert werden, wie ein
Drache, der im Zaubermärchen einen Schatz bewacht.
Die Tarot-Karten sind eine Art okkulter Initiationscode, angewandt zur
esoterischen Zukunfts- und Welt-Traumdeutung. Sie zeigen archetypische Bilder,
die existentielle Situationen, Erfahrungen und Geisteszustände bezeichnen.
Niki de Saint Phalle sagt: "Wenn das Leben ein Kartenspiel ist, dann sind wir geboren worden, ohne die Spielregeln zu kennen. Und doch müssen wir mitspielen. Ist das Tarot nur ein Kartenspiel oder verbirgt sich dahinter eine tiefe Erkenntnis? Ich bin davon überzeugt, dass diese Karten eine wichtige Botschaft enthalten."
Die Anfänge des Tarot liegen in geheimnisvollem Dunkel. Wahrscheinlich gab die Hohepriesterin des alten Ägypten ihr Geheimwissen in Form von Bildsymbolen weiter. Die 22 Karten der Großen Arkana könnten solche Symbole gewesen sein. Man glaubt auch, dass Moses diese Karten von den Hohenpriestern Ägyptens erhalten und dann nach Israel gebracht hat. Dies würde auch erklären, warum die hebräische Kabbala mit diesen 22 Karten in Beziehung steht, Tarot – Thora – Rota - Ator.
Die ersten uns bekannten Spielkarten stammen aus Italien, wo sie von Bonifazio Bempo im 15. Jahrhundert für die Familie der Visconti in Mailand geschaffen wurden. Bald erfreuten sich diese Karten in allen Ständen großer Beliebtheit und wurden zum Spiel verwendet – bis schließlich die ursprüngliche Bedeutung verloren ging. Erst im 18. Jahrhundert entdeckte Antoine Court de Gebelin wieder den esoterischen Gehalt des Tarots.
Die Tarot Karten findet man überall auf der Welt immer mit den gleichen Symbolen: in Frankreich, Ägypten, Spanien, Großbritannien, Indien usw.
Im Dom von Siena sieht man Darstellungen der Großen Arkana aus dem 14. und 15. Jahrhundert.
Viele hochrangige Geistliche der damaligen Zeit, darunter auch die römischen Päpste, brachten der Alchimie und Astrologie großes Interesse entgegen. Dies erklärt, warum solche Darstellungen in den Sieneser Dom gelangten, wo sich übrigens auch ein Bildnis von Hermes Trismegistos befindet, der die hermetische Tradition begründet hat. Er steht hier für den Magier, der ersten Karte des Tarot.
Auch Andrea Mantegna widmete sich dem Studium des Tarot und schuf 50 Stiche mit Darstellungen der Tarot-Symbole; sie sind in der Bibliotheque Nationale in Paris zu sehen.
Auch Salvator Dali hat auf seine Weise Tarot - Karten dargestellt: Er stellt sich als Magier dar, seine Frau Gala als Kaiserin.
Im Tarot - Garten sind die 22 Trümpfe, die Großen Arkana, abgebildet.
Die Trumpfkarten sind:
0 Narr, I der Magier, II die Hohepriesterin, III die Kaiserin, IV der Kaiser, V der Priester, VI die Lieben- den, VII der Triumpfwagen, VIII die Gerechtigkeit, IX der Eremit, X das Glücks- oder Schicksalsrad, XI die Stärke, XII der Gehängte, XIII der Tod, XIV das Maß, XV der Teufel, XVI der Turm, XVII der Stern, XVII der Mond, XIX die Sonne, XX das Gericht und XXI die Welt.
Die Bedeutung einiger Karten nach Crowley im Vergleich zu der Niki - Interpretation:
Crowley: Magier, Merkur, Attribute: Flügel, Scheibe, Schwert, Feuer,
Niki: Magier mit erhobener Hand, jonglierend, handelnd: Der große Jongleur. "Für mich ist der Magier die Karte Gottes, des Weltenschöpfers, der die wunderbare Farce unserer paradoxen Welt geschaffen hat. Er ist die Karte der tätigen Intelligenz, des Lichtes, der reinen Energie, der schöpferischen Tätigkeit und des Spiels. Er bringt das Wort unter die Menschen, steht für Kommunikation."
Crowley: Hohepriesterin, emanzipiert, repräsentiert Selbstbewusstsein Attribute: Monde, blaue Farbe
Niki: "Die Hohepriesterin ist Hüterin der weiblichen Macht der Intuition, die einer der Schlüssel zur Weisheit ist. Sie stellt das unbewusste Irrationale mit all dessen Potential dar. Wer die Ereignisse allein verstandesmäßig oder logisch erklären will, bleibt an der Oberfläche der Dinge, ohne in die Tiefe der instinktiven Vision einzudringen."
Crowley: Mäßigung: Tugend Maßhalten, Attribute: Flügel, verteilt gleichmäßig, maßvoll Flüssigkeit, Harmonie, Gelassenheit, Seelenfrieden im Einklang mit der Umwelt.
Niki: Mäßigung, "Ich hatte große Schwierigkeiten, diese Karte zu verstehen, denn sie stand meiner leidenschaftlichen Natur allzu fern. Die Mäßigung erschien mir wie ein Kompromiss, ein Mittelweg. Eines Tages hatte ich die Erleuchtung: Die Mäßigkeit ist der richtige Weg. Ich machte einen Engel aus dieser Karte und setzte ihn als Bekrönung auf die Kapelle der Mäßigung. Die Kuppel hängt über einer Kapelle mit der schwarzen Madonna und mit vielen Spiegeln, die den Kosmos reflektieren. Es ist ein magischer Raum, die Reflexion der Reflexion."
Crowley: Turm, bei der lombardischen Karte ist der Turm ganz erhalten, bei anderen Tarotspielen ist er zerstört. Bedeutung: Lebensweg, Lebensziel, Umorientierung der Werte oder auch Schicksalsschlag
Niki: Turm. "Manche nennen diese Karte „Das Haus Gottes“ oder die „Zerstörung“. Sie stellt die materiellen und geistigen Konstrukte dar, die eines festen Fundaments entbehren. Der Turm ist nicht nur negativ, sondern er vermittelt auch eine Lektion. Komplexe geistige Konstruktionen werden zusammenbrechen. Wie müssen unsere geistigen Barrieren einreißen, um unseren Blick zu erweitern. Jean Tinguely schuf die symbolische Skulptur des Blitzes, der den Turm zerstört."
Crowley: Schicksalsrad: Glückskarte, gute Gelegenheiten wahrnehmen und nützen, großes Glück wird bereit gehalten, wachsame Augen, um wahrzunehmen
Niki: Schicksalsrad. "Das Rad des Schicksals ist ein uraltes Symbol für das Lebensrad. Was nach oben steigt stürzt unweigerlich wieder hinab. Als ich eines Tages durch den Garten ging, kam mir die zündende Idee, Jean Tinguely zu bitten, das Rad des Schicksals in einem Brunnen zu konstruieren. Das Wasser wird aus dem Mund der Hohepriesterin fließen."
Crowley: Wagen, neue Beziehung, Wechsel zum Guten, Intuition, neuer Anfang, glückliche Entwicklung. Männlicher Wagenlenker, bei Niki weiblich; Wagenlenkerin.
Niki: "Der Wagen stellt den Sieg dar. Die Karte bedeutet den Triumph über Gegner und Probleme. Doch Achtung: Im Augenblick des Triumphes muss man am wachsamsten sein, denn genau dann ist man am verletzlichsten, und der Wagen kann leicht umstürzen."
Crowley: Gerechtigkeit, Ausgleich der Kräfte, Extreme vermeiden, Attribute: Schwert und Waage.
Niki: "Die Gerechtigkeit setzt Selbsterkenntnis voraus. Um gerecht zu sein, muss man sich selbst beurteilen und sich mit seinem eigenen Schatten auseinandersetzen können. Um diese Kenntnis bereichert, ist man imstande, andere Leute und Situationen mit Anteilnahme zu beurteilen. Die wahre Gerechtigkeit ist nicht blind. Sie bringt eine Vision der Universalität. Im Inneren der Gerechtigkeit sperrte Jean Tinguely eine Maschine ein, welche die Ungerechtigkeit darstellt. Die Tür sicherte er mit einem schweren Vorhängeschloss."
Crowley: Kaiserin, Schönheit, Liebe, Mütterlichkeit, innerer und äußerer Reichtum, Harmonie, verkörpert das Weibliche, die gebende und empfangene Liebe, Mutter Erde, bei Dali: Kaiserin wird dargestellt als seine Frau Gala.
Niki: "Die Kaiserin ist die große Göttin. Sie ist Himmelskönigin, Mutter, Hure, Emotion, heilige Magie und Kultur. Die Kaiserin ist als Sphinx dargestellt. Jahrelang lebte ich in dieser beschützenden Mutter. Hier fanden meine Besprechungen mit der Arbeitsequipe statt. Hier tranken wir Kaffee und Tee. Auf alle übte sie eine fatale Anziehungskraft aus."
Lassen wir Niki de Saint Phalle zur Entstehung des Gartens sprechen:
"Hier in der Toskana erschaffe ich nun
meine plastische Version der Tarot - Karten, die mich schon immer
fasziniert haben. Ich erinnere mich noch gut, als ich T. S. Elliots „Wasteland“
las und mich über jenen geheimnisvollen Hinweis auf dem Gehängten, die 12.
Karte, wunderte. Dem Tarot verdanke ich ein besseres Verständnis der geistigen
Welt und der Probleme im Leben – auch die Einsicht, dass jede Schwierigkeit
gelöst werden muss, damit man erneute Hürden in Angriff nehmen kann, um
schließlich die innere Einheit und den Garten des Paradieses zu erreichen.
Italien verfügt über eine bedeutende Tradition phantastischer Gärten, die
berühmtesten sind der Park der Villa d’Este und
Bomarzo, 90
Autominuten von meinem Tarot-Garten entfernt. Bomarzo übt auf mich eine
besondere Anziehungskraft aus.
Eine der zentralen Figuren meines Gartens, die Hohepriesterin mit dem
geöffneten Mund – aus dem einmal Wasser kommen und über die Stufen fließen wird
– stellt eine Hommage an diese geheimnisvollen Bomarzo - Skulpturen sowie an die
Gartenanlage der Villa d’
Este dar.
Das Träumerische der Gärten von Bomarzo mit ihren Meerjungfrauen, Giganten,
Ungeheuern und dem fallenden Turm hat auf mein Werk abgefärbt. Auch vom
Symbolischen her gibt es zwischen den beiden Gärten Ähnlichkeiten. Die Alchimie
ist der Schlüssel zu Bomarzo, die Archetypen sind es zu dem meinigen.
Wir begannen mit der Arbeit an diesem Projekt im Jahr 1979 – wer weiß, wann es
vollendet sein wird. Viele haben an diesem Werk gearbeitet, geholfen und
mitgedacht; Menschen aus vielen Ländern: aus der Schweiz, aus Holland,
Argentinien, Großbritannien, Frankreich, Amerika – und die Italiener brachten
ihr Naturtalent mit ein.
Die Handwerker aus dieser Gegend, die ich kennen lernte, bewahren noch immer
jenes künstlerische Fluidum, das in den vergangenen Jahrhunderten Italien zum
Ruhme verholfen hat. Somit ist der Tarot Garten nicht nur mein Projekt, sondern
das von all jenen, die dabei mitgeholfen haben.“
Nachdem Niki während der 60er Jahre schon
für das Theater gearbeitet hatte, erweiterte sich ihr Tätigkeitsfeld jetzt auf den Film und die Architektur. 1973 stellte sie mit dem Regisseur
Peter Whitehead den Streifen "Daddy" fertig, der ihr Vater - Tochter
- Verhältnis auf
surreale Weise abhandelte. Niki schrieb das Drehbuch und trat selber auf. Ihr
zweites Werk „Un Reve Plus Long que la Nuit“ zeigte Niki als
Autorenfilmerin. Sie schrieb das Buch, führte Regie, agierte vor der Kamera und
war gleichzeitig die ausführende Produzentin. Die Rollen sind u. a. mit ihrer
Tochter Laura und den alten Gefährten aus den Tagen der Nouveux Realistes, Jean
Tinguely und Daniel Spoerri, besetzt.
Ihre eigentliche Leidenschaft gehörte
jedoch der Architektur. Für einen Jerusalemer Kindergarten baute sie 1972 den
Golem, einen riesigen Monsterkopf, aus dessen Maul die Kinder auf der
gespaltenen Zunge herunterrutschen können. Ein Jahr später folgte im belgischen
Knokke-le-Zuite das Jugendhaus „Le Dragon“. Ermutigt von der enthusiastischen
Aufnahme ihrer Entwürfe, reifte 1974 dann der Plan, einen Skulpturengarten auf
der Basis des Tarot - Spiels zu kreieren. Dieses gewaltige Unternehmen wird ihr
Denken und ihre Energie während der folgenden 20 Jahre in Anspruch nehmen.
Italienische Freunde, denen sie davon erzählt, stellten ihr kurz darauf ein
Stück Land im toskanischen Örtchen Gravicchio zur Verfügung. Niki und ihr
Lebensgefährte Jean Tinguely begannen nun darüber nachzusinnen, wie sich das
auf den Tarot-Karten versammelte Figurenensemble und die mit dem uralten Spiel
assoziierten mystischen und metaphysischen Dimensionen bildnerisch darstellen
lassen. Keine leichte Aufgabe.
Der Parque Güell von Gaudi in Barcelona hat eine ähnlich ornamentale Oberflächendekoration durch farbige Steine wie der Tarot Garten. Auch Gaudi verzichtet auf gerade Linien.
Ähnlichkeiten mit dem o. a. Park weist außerdem die Halle im Kaiser, mit seinen Säulengängen auf.
Vorbilder fanden Niki und Tinguely auch im Miro Garten der Fondaition Maeght im südfranzösischen Paul-de-Vence, in Bruno Webers Weinrebenpark bei Zürich, vor allem aber inspirierten sie der „Parque Güell“ des Spaniers Antonio Gaudi in Barcelona und der Park von Bomarzo nicht weit von Gravicchio ein melancholisch verwunschener Renaissancegarten. Nur axiale Regelmäßigkeit und rechte Winkel, prägende Stilmittel der alten Landschafts-Baumeister, hatten keinen Platz in Nikis „Theatro dei Tarocci“. Schließlich heißt ihr Motto: die Welt ist rund, die Welt ist ein Schloß.1996 können die ersten Besucher auf dem Vicolo dei Meravigli dem Pfad der Wunder in Nikis Reich eintauchen. Er führt durch ein mystisches Welttheater von atemberaubender Schönheit, Vielfalt und Fantastik, durch eine magische Oase aus Farbe, organischer Plastizität und kabbalistischen Rätseln inmitten der wuchernden toskanischen Flora. Man weiß nicht, was man mehr bewundern soll: die gestalterische Bravourleistung oder die spirituelle Durchdringung des Themenkreises. Wie Ying und Yang, das chinesische Synonym für das männliche und weibliche Prinzip des Lebens, verschmelzen Tinguelys dynamische, ewig mahlende und sägende Schrottapparaturen mit Nikis strotzenden, vital-voluminösen Figurentempeln zu einem letztgültigen esoterischen Gesamtkunstwerk. Am Ende des Rundgangs balanciert eine sieghaft tanzende Nana auf dem Weltenei, dem Symbol für Fruchtbarkeit, Wiedergeburt und Leben. Ihm entschlüpft die Urschlange Ouroboros und windet sich als chthonisches Zeichen der Entwicklung spiralig nach oben. Eine Tinguely-Maschine als Sockel hält die Welt in permanenter Bewegung. Sinnbild der unermüdlichen, gesetzmäßigen Dynamik des Universums.
Um das Projekt zu finanzieren, entwarf Niki Möbel und Schmuck, kreierte Parfüms und Lampen, die sie mit großem Erfolg verkaufen konnte. Aus diesen Gebrauchsutensilien entwickelte sich im Laufe der 70er Jahre die Idee linearer Skulpturen-Zeichnungen. Es entstanden die „Skinnies“ (die Dünnhäutigen). Eine Art Luftskulpturen, die mit farbigen Lichtern und mit an Fäden aufgehängten Elementen bestückt sind. Hervorstechendes Konstruktionsmerkmal ist ihr durchscheinendes Gittergerüst, die ihren transzendenten Charakter betont. Die Skinnies haben die Form indianischer „Totems“ und paraphrasieren die mythologischen Themen des „Theatro dei Tarocci“. In Gestalt von Archetypen wie der „Narr“, der „Eremit“, „der Gehängte“ oder „der Hohepriester“ bildeten sie später einen wichtigen Bestandteil des Garten-Arrangements. Die Entstehung dieser Werkgruppe hing eng mit Nikis lebensbedrohlicher Lungenerkrankung in Folge der Polyesterarbeiten zusammen. Während eines Kuraufenthaltes notierte sie: „Luft ist in mein Leben getreten... Tiefes Atmen, Übungen, Spazierengehen und das Gefühl, der Natur stärker verbunden zu sein, all das hat mich verändert. Diese Skulpturen sind ein Spiegel dieser Veränderung“.
"Im Jahre 1955 reiste ich mit meinem Mann,
Harry Mathews, nach Barcelona. Als ich dort den herrlichen Parc Güell von Gaudi
besuchte, begegnete ich meinem Lehrmeister und zugleich meinem Schicksal. Ich
erbebte. Ich wusste, dass auch ich eines Tages einen Vergnügungspark bauen
würde. Eine kleine Paradiesecke. Eine Begegnung zwischen Mensch und Natur. 24
Jahre später begann das größte Abenteuer meines Lebens: der Tarot-Garten. Er
entstand in der Toscana auf einem Grundstück meiner Freunde Marella Agnelli und
Carlo und Nicola Caracciolo. Sie gaben ihr Einverständnis zum ursprünglichen
Modell, das sich jedoch in der Folge ständig verändern sollte. Der Garten wurde
viel größer als ich anfangs vorhatte. Es gab keinen Zeitzwang, und ich
arbeitete in völliger Freiheit.
Gleich nach dem Beginn der Arbeit wurde mir klar, dass das Unternehmen ein
gefährliches Abenteuer werden würde, und dass ich auf meinem Weg eine Menge
Prüfung zu bestehen hätte.
Ganz zu Beginn der Arbeit litt ich an rheumatischer Arthritis. Ich konnte kaum
laufen oder meine Hände bewegen, doch ich arbeitete unter Schmerzen weiter.
Nichts konnte mich aufhalten. Ich war wie besessen. Ich fühlte, dass der Bau
dieses Gartens mein Schicksal sein würde, wie groß auch die Schwierigkeiten
wären.
Die völlige Hingabe an die Arbeit war die einzig mögliche Weise, den Garten zu bauen. Der Tarot - Garten ist nicht nur mein Werk, sondern auch der Garten alle jener, die mir bei seinem Bau behilflich waren.
Als Architektin des Gartens habe ich meine Vision durchgesetzt, ich konnte nicht anders. Der Bau war mit großen Schwierigkeiten verbunden, es brauchte viel Liebe, wilde Begeisterung, Besessenheit und vor allem Glauben. Nichts hätte mich aufhalten können. Es war wie im Zaubermärchen: Bevor der Schatz gefunden wird, begegnet man Drachen, Hexern, Magiern und dem Engel der Mäßigung."